Friday
— 24 May
— 20:00
Gibt es sowas, wie das pure Approximation Gefühl? Kelly Moran hat sicher tausend andere Dinge im Sinn, wenn sie ihre Musik erschafft. Doch ihr präpariertes Klavier mit Objekten auf den Saiten, seine Kopplung an digitale Elektronik und ihre post avantgardistischen, romantischen Kompositionen könnten den Nukleus unseres Festivals tatsächlich definieren. Und dies bedeutet zweifelsfrei auch, dass die Musik der Amerikanerin nicht berechenbar ist. Die Wellen eines, an den Stil des späten 19. Jahrhunderts orientierten Stückes beginnen sich auf einmal aufzutürmen, wachsen in einem Moment zu bedrohlicher Höhe, nun eher dem Drohen eines Industrial-Stückes vergleichbar. Dann wieder vertonten zu metallischer Spröde verzauberte Saiten das dramatische Flackern einer Neonröhre, die nicht zur Gänze aufflammt, in einem anderen Stück erscheint der Flügel zum Spielwerk einer Kirchenuhr mutiert, deren hakeliger Liebreiz bald von Flächen elektronischer Klänge umspielt, ja nahezu umhüllt wird. Oft scheint es, ihre Musik stelle sich selbst auf die Probe, würde dem Ansatz, der Idee gleich einen Gegenentwurf mitliefern. Vielleicht ist es dieses Changieren zwischen Introvertiertheit und Konfrontation, welches die Künstlerin des bekannten Warp Labels (Aphex Twin, Squarepusher, Grizzly Bear) werden ließ. Grenzgänge zwischen Klassik, Pop und Avantgarde, aber immer Grenzgänge.
Text: Oliver Tepel
Photo: Warp