Thursday
— 23 May
— 20:00
Wo Performance zur Musik wird oder Musik zur Performance, dort agiert William Engelen. Doch auch in seinem zeichnerischen Werk sind Partitur und abstraktes Bild nicht zu trennen. Dabei sind Bildende Kunst und Musik längst wieder fein separiert. Vor einigen Jahrzehnten noch interagierten sie spannungsreich in Werken von John Cage, Nam Yun Paik, Anthony Braxton oder Bruce Nauman zu etwas Neuem. Der Niederländer Engelen prägt seit dem Beginn dieses Jahrtausends in vielfältigen Arbeiten neue Wege diesen Zusammens. Oft weist seine Perspektive auf das Prozesshafte oder das im Perfektionismus musikalischer Darbietung Unerwünschte, jedoch ihr Innewohnendes. So lässt die Uraufführung von „À la Gould“ , in Kooperation und und mit Unterstützung der KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION, die vier Pianisten Benjamin Kobler (Musikfabrik), Tobias Koch, Ernst Surberg (Ensemble Mosaik) und der aus Kanada stammende Benoît Gagnon den klanglichen Fokus auf das leise Singen und Mitsummen setzen, für welches die kanadische Pianistenlegende Glenn Gould bekannt und von manchen gefürchtet war. Zur Performance des Stücks und seiner Vorführung als Videoinstallation addiert sich ein Künstlergespräch mit William Engelen. Zudem wird Benoit Gagnon Engelens Komposition „Gebrauchsspuren“ aus dem Jahr 2016 aufführen, deren Titel das „Hängenbleiben“ zerkratzter CDs meint. Zuletzt zu sehen und hören waren Engelens Arbeiten unter anderem in den Ausstellungen „Klingt gut“ im Kunstmuseum Den Haag, „Broken Music 2“ im Hamburger Bahnhof Berlin, „32bpm“ in der Kunsthalle Mannheim, „Adam, Eva und die Schlange“ in der Bundeskunsthalle Bonn, wie auch 2019 bei “Listen to the image, look at the sound“ im Kai 10, Arthena Foundation, welche die diesjährige Arbeit Engelens für das Approximation Festival erst möglich macht.
In Engelens Videoarbeit „À la Gould“ bekommt die „Stimme“, so wie Glenn Gould sie beim Spielen am Klavier einsetzte eine tragende Rolle. Die sehr individuelle menschliche Stimme wird zum Soloinstrument. Die vier Pianisten, „spielen“’ neben der Aria 3 weitere Variationen aus der Partitur der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach, indem sie mitsingen, summen und brummen; angelehnt an Glenn Gould. Jedoch spielen die Pianisten auf einer Klaviatur aus Schaumstoff und hören begleitend keine realen Töne eines Klaviers. Alle vier Pianisten spielen die Variationen anders ein, zeigen dadurch ihre Persönlichkeit und individuelle Interpretation der Partitur. Glenn Gould gilt dabei als Inspiration und wird nicht zur Imitation.
Entstanden ist ein intimes Portrait der Pianisten: verletzlich, humorvoll, kraftvoll. Es zeigt wie die Musik im Kopf abgerufen wird und ihre Körper sich dazu bewegen. Sie flüstern und singen uns Bachs Aria zum Einschlafen ins Ohr, so wie Goldberg es sich von Bach gewünscht hat.
Photo: Anke Krey